SARS-CoV-2 – Desinfektion

Übertragung von SARS-CoV-2 in Aerosolen
aus Geruchsverschlüssen in Sanitärbereichen
öffentlicher Einrichtungen und Betriebsstätten

Prävention durch eine sehr einfache Desinfektion

Vorwort

 Alle Sanitärbereiche (Toiletten, Waschräume), die von mehreren Personen genutzt werden, sind Orte der Übertragung von Krankheitserregern 5 – 20.

Dies trifft auch für das neue Coronavirus SARS-CoV-2 zu.

Erst vor wenigen Tagen wurde dies von chinesischen Wissenschaftlern für Patiententoiletten in einem chinesischen Krankenhaus nachgewiesen 3.

Coronaviren zeigen eine ausgesprochen große Umweltresistenz 4,2.

Das bedeutet, dass sie außerhalb des menschlichen Körpers auf Oberflächen und in Flüssigkeiten relativ lange Zeit überleben können und auch ihr Infektionspotential lange behalten. Das Überleben von Viren in Flüssigkeiten ist im Vergleich zu Oberflächen erwartungsgemäß am größten 2.

In der Sperrflüssigkeit von Geruchsverschlüssen können Coronaviren mehrere Wochen überleben 2.

Aus Laboruntersuchungen 5 und praktischen klinischen Untersuchungen 5,9 wissen wir, dass in den Sanitärbereichen die Geruchsverschlüsse unter Waschbecken und in Toilettenbecken wichtige Keimquellen außerhalb des menschlichen Körpers sind 5, 9, 11, 14 – 20.

Durch Aerosolbildung 5,9 beim Gebrauch der Wasch- und Toilettenbecken (ähnlich wie beim Niesen) können die Erreger auf Hände und Oberflächen, im schlimmsten Falle auch direkt in die Mundhöhle, den Nasen-Rachen-Raum und die Lunge gelangen.

In gemeinschaftlich genutzten Toiletten und Waschräumen ist daher – trotz Flächendesinfektion – die Übertragung des Virus sehr gut und in großer Menge möglich.

Betroffen sind alle öffentlichen Einrichtungen (Schulen, KITAs, Betriebsstätten aller Art, Krankenhäuser, Alters- und Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen, Hotels, Gastronomie).

In der nachfolgenden Arbeit wird eine sehr einfache, schnelle und preiswerte, von jedermann sofort durchführbare Methode vorgestellt, durch die Viren wie SARS CoV-2 in kürzester Zeit in den Geruchsverschlüssen abgetötet werden.

Diese Desinfektion ist auch ein Beitrag, um eine zweite Infektionswelle abzuschwächen.

Aus diesen Gründen ist es wünschenswert, diese Desinfektion sowohl in den derzeit stillgelegten Schulen und KITAs vor Wiedereröffnung als auch in allen anderen öffentlichen Einrichtungen und Betriebsstätten durchzuführen.

Dr. Alexander Schluttig                                                                25. März 2020

Zehn Fakten zu Krankheitserregern in Sanitärräumen

  1. Krankheitserreger jedweder Art gelangen durch Stuhlgang und Hände- bzw. Körperwaschungen in die Geruchsverschlüsse unter Waschbecken, in Toilettenbecken, unter Badewannen und in Fußbodenabläufe.
  1. Aufgrund des ständigen Vorhandenseins von Wasser in Geruchsverschlüssen überleben diese Krankheitserreger über Wochen und Monate dort. Ihre Infektiosiät bleibt erhalten 2, 11, 14. Bakterielle Erreger vermehren sich in Geruchsverschlüssen 9, 11.
  1. Bei der Benutzung von Toilettenbecken, Waschbecken, Duschen und Bodenabläufen entstehen immer Aerosole 5, 9.
  1. In diesen Aerosolen sind die Krankheitserreger enthalten, die sich vorher in den Geruchsverschlüssen befunden haben 5, 9
  1. Die keimhaltigen Aerosole treten beim Spülen aus den Toilettenbecken oder beim Hände- und Körperwaschen aus den Waschbecken und Dusch-und Bodenabläufen aus 5,9.
  1. Diese keimhaltigen Aerosole gelangen auf Oberflächen und Körperteile (vorzugsweise Hände) 5.
  1. In Aerosolen können Krankheitserreger mehrere Stunden überleben und ihre Infektiosität bleibt erhalten4,5.
  1. Auch SARS-CoV-2 wurde in der Luft von Toilettenräumen in Wuhan nachgewiesen 3.
  1. Die Aerosole aus den Handwaschbecken können auch direkt in die Lungen des Benutzers gelangen.
  1. Auf Oberflächen und Händen überleben Krankheitserreger mehrere Stunden 4.

SARS-CoV-2 in Sanitäranlagen

 Für SARS –CoV-2 wird allgemein die Tröpfcheninfektion durch Aerosole von Mensch zu Mensch als dominierend angesehen. Die empfohlenen Präventivmaßnahmen (Masken, Abstand; Lüften) sind darauf abgestimmt.

Die Kontakt-Schmierinfektion durch infektiöse Partikel aus abgesetzten Aerosolen aus Körperausscheidungen (Stuhl auf Oberflächen und Körperteilen (vorzugsweise Händen)) wird durch Händehygiene (Waschung und Desinfektion) verhindert.

Die Übertragung von SARS-CoV-2 durch mikroskopisch kleine Kot-Partikel wurde erst in den letzten Wochen durch ein chinesisches Labor und ein US-Labor diskutiert, nachdem genetische Spuren des SARS-CoV-2 Coronavirus in Stuhlproben von infizierten Patienten gefunden wurden 1.

Diese Befunde wurden von einem US-Labor bestätigt und sind nach Meinung der chinesischen und amerikanischen Epidemiologen als ein Beweis für das Vorhandensein des für enteritische und pneumoenteritische Viren üblichen Übertragungsweges über infizierten Stuhl auch für SARS–CoV-2 zu werten.

Die chinesischen Autoren gehen zudem auch davon aus, dass die hohe Geschwindigkeit und die Dynamik der Ausbreitung des neuen SARS-CoV-2 durch die Co-Existenz dieses Übertragungsweges zu erklären ist 1.

Bei diesem Übertragungsweg ist die Transmission durch Aerosolbildung bei der Benutzung von Sanitärkomponenten (Toilettenbecken, Waschbecken, Duschen, Badewannen und Bodenabläufe), in die infizierte Kotpartikel gelangen, von besonderer Bedeutung.

Die Übertragung enteritische (Darm)-Viren wie Norovirus durch Sanitäranlagen bei Brechdurchfall ist eine altbekannte Tatsache.

Die SARS-Epidemie in Hongkong 2003 ist ein Beispiel dafür, dass auch pneumoenteritische Viren wie SARS-CoV-1 (und nun auch SARS-CoV-2) über den Abwasser- und Sanitärbereich übertragen werden können 1, 21.

Bei der  SARS – Epidemie im Wohnkomplex Amoy Gardens in Hongkong 2003 trat bei einem Teil der Patienten (10-20%) mit Schwerem Akuten Respiratorischen Syndrom (SARS) Durchfall auf. Dadurch gelangte SARS-CoV-1 über die Toilettenbecken und die Waschbeckenabläufe in das Abwassersystem. Im Wohnblock E der Wohnanlage Amoy Gardens gab es einige ausgetrocknete Geruchsverschlüsse in Bodenabläufen. Dadurch gelangte die SARS-CoV-1haltige Luft aus der Abwasserleitung in die Raumluft dieser Wohnungen (Abbildung 1) 21.

 

Abbildung 1: Ausgetrocknete Bodenabläufe führten zu rasend schneller Verbreitung von SARS-CoV1 in Hongkong 21
Abbildung 1: Ausgetrocknete Bodenabläufe führten zu rasend schneller Verbreitung von SARS-CoV1 in Hongkong 21

 

Neben dem direkten Austritt keimhaltiger Aerosole aus der Abwasserleitung durch ausgetrocknete Geruchsverschlüsse wie im Falle von SARS-CoV-1 in Amaoy Gardens gibt es einen weiteren Weg, auf dem Krankheitserreger aller Art aus Toilettenbecken, Waschbecken, Duschen, Badewannen und Bodenabläufe zurück in die Raumluft und damit auf Personen gelangen.

Die dafür verantwortliche Komponente ist der Geruchsverschluss in Toilettenbecken, Waschbecken, Duschen, Badewannen und Bodenabläufen.

Dieser Übertragungsweg ist für bakterielle Erreger seit langem bekannt und in klinischen Untersuchungen häufig nachgewiesen. Der Ausgangspunkt ist dabei immer der Geruchsverschluss in den Ablaufsystemen von Sanitäreinrichtungen.5-20

Coronaviren SARS-CoV-1 von Amoy Gardens als auch der SARS CoV 2 – pneumoenteritische Viren – sind Erreger, die sich sowohl in den Atemwegen als auch im Magen-Darm-Trakt vermehren.

Sie werden in winzigsten, nicht sichtbaren Spuren von Stuhlresten oder auch von eingetrockneten Schleimabsonderungen aus dem Mund, dem Nasen-Rachen-Raum und aus Bronchien und Lunge von Erkrankten durch Schmierinfektion weitergetragen.

Diese Partikel gelangen während des Händewaschens oder der Säuberung von Gemüse und Fleisch zur Essenszubereitung auch in die jeweiligen Geruchsverschlüsse unter den Wasch- und Spülbecken oder unter der Dusche und der Badewanne.

CASANOVA et al. (2009)2 wiesen in Laborexperimenten mit Modellviren nach, dass diese in Wasser und pasteurisiertem Abwasser über maximal 22 Tage überleben und infektiös bleiben. Dieser Umstand wird von den Autoren dahingehend interpretiert, dass insbesondere kontaminiertes Wasser ein potenzielles Vehikel für die Exposition des Menschen ist, wenn Aerosole erzeugt werden.

Für SARS-CoV-2 gibt es Untersuchungsergebnisse zur Stabilität des Virus in Aerosolen 4.

Aus den Berichten über die SARS-Epidemie in Hongkong 2003 geht  hervor, dass SARS-CoV-1 über mehrere Tage im Abwassersystem von Amoy Gardens überlebt hat und infektiös geblieben ist 21.

DOREMALEN und Mitarbeiter zeigten erst vor wenigen Tagen in Laborexperimenten,  dass beide Viren (SARS-CoV1 und SARS-CoV2) vergleichbare Überlebensraten und  Infektiositäten in Aerosolen aufweisen. Die Halbwertszeiten liegen bei 1,1 – 1,2 Stunden 4.

Auch aus einer Reihe von klinischen Studien zur epidemiologischen Wirkung der Desinfektion von Geruchsverschlüssen 8, 14, 15, 20 ist bekannt, dass Mikroorganismen, die durch Waschen und Spülen in die Geruchsverschlüsse des oberen Abwassersystems gelangen, bei Benutzung der entsprechenden Sanitärkomponente durch Aerosolbildung das Abwassersystem als Bio-Aerosolwolke wieder verlassen und damit wiederum auf Personen und Gegenstände übertragen werden können (DÖRING et al.1991, SISSOKO et al. 2005)5,9.

Sowohl die chemische als auch die physikalische Desinfektion von Geruchsverschlüssen in Sanitärbereichen ist deshalb eine wesentliche Maßnahme in der klinischen Infektionskontrolle 9 -20.

Seit über fünfzehn Jahren erweisen sich diese Maßnahmen zur Prävention nosokomialer Infektionen in klinischen Risikobereichen in mehreren Ländern Europas, den USA und Kanada als außerordentlich wirksam 9-20.

Empfehlung

 Das Anliegen dieser Empfehlung ist es, eine sehr einfach anzuwendende, gegen Viren besonders wirkungsvolle, preiswerte und schnelle Methode zur Desinfektion der Geruchsverschlüsse (Siphons) in den Sanitärbereichen von öffentlichen Gemeinschaftseinrichtungen, insbesondere Schulen und KITAs, aber auch Betriebstätten, vorzuschlagen.

Eine kurze Erläuterung der hygienischen und technischen Grundlagen ist vorteilhaft, um die Wichtigkeit und Notwendigkeit dieser sehr einfachen Maßnahme zu verstehen.

Geruchsverschlüsse sind in allen Gebäuden mit gemeinsamen Sanitäranlagen (Schulen, Kliniken, KITAs, Betriebsstätten etc.) die größten Reservoire für Mikroorganismen und Krankheitserreger aller Art. In den so genannten Sperrflüssigkeiten im Inneren der Geruchsverschlüsse leben bis zu 10 Milliarden Bakterien pro Milliliter 9. Die Volumina dieser Sperrflüssigkeiten liegen zwischen 200 ml (Waschbecken) und 1500 ml (Toilettenbecken).

Damit stellen Geruchsverschlüsse im Sanitärbereich die größten Keim-Reservoire außerhalb des menschlichen Körpers dar 9 – 11.

Auch humanpathogene Viren wie SARS-CoV-2 überleben jedoch in der Sperrflüssigkeit für mehrere Wochen 2.

Publikationen über die hygienische und epidemiologische Bedeutung von Geruchsverschlüssen sind nicht neu. Seit 1972 wurde in über 135 Publikationen über Zusammenhänge zwischen der Kontamination von Geruchsverschlüssen und nosokomialen Infektionen nachgedacht.

In mindestens 17 Publikationen wurden Geruchsverschlüsse als Übertragungswege von Infektionen identifiziert, darunter auch bei der SARS-Epidemie von 2003 in Hongkong 21.

Mehrere klinische Fallstudien zwischen 1991 und 2019 11– 20  zum Einfluss der Desinfektion von Geruchsverschlüssen auf die Häufigkeit nosokomialer Patientenbesiedlungen und Infektionen haben gezeigt, dass die Desinfektion von Geruchsverschlüssen von unerwartet großer Bedeutung für die klinische Infektionsprävention ist. Die Raten der nosokomialen Patientenbesiedlungen als auch die der  nosokomialen Infektionen werden in klinischen Risiko-bereichen durch die kontinuierliche Desinfektion der Geruchsverschlüsse unter Waschbecken um bis zu 85% gesenkt 18,19.

Seit der Einführung der physikalischen Desinfektion von Geruchsverschlüssen mittels spezieller Desinfektionsgeräte (DÖRING et al.,1991) 5, ist in der Krankenhaushygiene die Bedeutung keimfreier Geruchsverschlüsse für die Infektionsprävention und die Verhinderung der Verbreitung multiresistenter Erreger (MRE) 11 – 20 bekannt.

Die Ursache für die große hygienische Bedeutung von Geruchsverschlüssen besteht darin, dass bei Benutzung der Sanitäreinrichtung es bei ablaufendem Wasser zur Bildung von Aerosolen kommt, die zwangsläufig nach oben in die Raumluft entweichen 9.Die in den Aerosolen befindlichen Erreger landen dann auf Personen und Oberflächen und sind somit übertragbar.

Die Desinfektion von klinischen Geruchsverschlüssen ist daher auch in der Prävention der Transmission von Viren eine hygienische Notwendigkeit.

Das Verfahren „Find & Kill“ auf der Basis von Natriumhypochlorit und UV-Strahlung wurde in unserem Labor als Hochleistungs-Desinfektion für Abwasser führende Sanitärkomponenten entwickelt, im August 2002 auf der Intensivstation des Klinikums Bautzen – Bischofswerda erstmals in der klinischen Praxis in Kombination mit der kontinuierlichen physikalischen Desinfektion der Geruchsverschlüsse 7,8,10 erprobt und danach in mehreren großen deutschen Universitätskliniken (Greifswald, Tübingen, München) erfolgreich bei der Ausbruch-Intervention angewandt.

„Find &Kill“ wurde für bakterielle Erreger in Geruchsverschlüssen entwickelt und wird seit fast zwanzig Jahren bei Ausbruchsituationen in klinischen Risikobereichen vor allem gegen multiresistent bakterielle Erreger (MRE) eingesetzt 14,17,19.

Das hier empfohlene Verfahren zur chemischen Desinfektion ist an Viren wie SARS-CoV-2 hinsichtlich der Konzentration des Desinfektionsmittels und der Einwirkzeit angepasst und so vereinfacht, dass für seine Durchführung keinerlei Vorkenntnisse oder spezielle Schutzausrüstung mehr benötigt wird und es somit von jedermann jederzeit durchführbar ist.

Ergebnisse klinischer Studien zur Desinfektion von Geruchsverschlüssen

 Durch die Eliminierung von Geruchsverschlüssen als Keimquellen durch Desinfektion konnten in klinischen Interventionsstudien (Fallstudien) folgende Wirkungen gezeigt werden:

  1. DÖRING und Mitarbeiter wiesen 1991 erstmals die Übertragung von Pseudomonas aeruginosa aus Geruchsverschlüssen auf die Hände des Pflegepersonals im Klinikbetrieb nach5. Durch kontinuierliche thermische Desinfektion der Geruchsverschlüsse wurde diese Transmission vollständig unterbunden.
  2. Als Ergebnisse der ersten klinischen Langzeit-Fallstudie zu dieser Problematik auf einer interdisziplinären Intensivstation berichteten SISSOKO et al.7 -10 erstmals über die Reduktion der Inzidenzraten nosokomialer Patientenbesiedlungen durch gramnegative Erreger um 50 – 70 % und über eine Reduktion nosokomialer Infektionen mittels einer kontinuierlichen Desinfektion von Geruchsverschlüssen um mindestens 50%. Als Folgeeffekte wurden eine Reduktion des Antibiotikaverbrauches um ca. 30 % und die Senkung der mittleren Verweildauer von Intensiv-Patienten um ca. 15 % (SISSOKO und SÜTTERLIN 2004)10
  3. In einer multizentrischen Studie belegten SISSOKO und Mitarbeiter9 die Emission von gramnegativen Bakterien aus kontaminierten Geruchs-verschlüssen unterschiedlicher Kliniken und Stationen erstmals durch quantitative Messungen.
  4. KRAMER et al. 200511, 12 identifizierten kontaminierte Geruchsverschlüsse unter Waschbecken als Risikofaktoren für nosokomiale Patienten-kolonisierungen und Infektionen auf einer neonatologischen Intensivstation und implementierten die Prävention  bakterieller Emissionen aus Geruchsverschlüssen mittels selbstdesinfizierender Siphons in einen Hospital Water Safety Plan.
  5. WÜRSTL et al. 201113 berichten über die vollständige Verhinderung der Ausbreitung eines multiresistenten Pseudomonas spp. durch die chemische und kontinuierliche physikalische Desinfektion auf einer hämatologisch-onkologischen Station.
  6. Über die Verhinderung der Ausbreitung eines Pseudomonas aeruginosa auf einer pädiatrischen Onkologie durch kontinuierliche physikalische Desinfektion von Geruchsverschlüssen unter Waschbecken berichten SCHNEIDER et al. 2012 14.
  7. Über die vollständige Verhinderung der Ausbreitung von ESBL–Erregern auf einer holländischen Intensivstation berichteten WOLF et al. 2014 17. Die Arbeit wurde aufgrund ihrer hohen epidemiologischen Relevanz für den holländischen Hygiene-Award nominiert und führte nach einem Vortrag der Autorin auf dem APIC – Kongress 2015 in Nashville (USA) zu ersten Arbeiten mit Geräten zur kontinuierlichen Desinfektion von Geruchsverschlüssen in USA (Virginia).
  8. Über die Halbierung der Infektionsraten mit Pseudomonas aeruginosa auf einer neonatologischen Intensivstation in Hamilton (Kanada) nach Einführung der kontinuierlichen physikalischen Desinfektion von Geruchsverschlüssen berichteten FUSCH et al. 2015 16
  9. In mehreren Fällen hat sich die chemisch-physikalische Find & Kill -Desinfektion mit anschließendem Austausch von Standard-Geruchs-verschlüssen gegen selbstdesinfizierende Geruchsverschlüsse als effektives Mittel der Ausbruchintervention mit Langzeiteffekt gezeigt (WÜRSTL et al. 201114 SCHNEIDER et al. 201215 WOLF et al. 201417 FUSCH et al. 201516, WILLMANN et al. 201518, DE JONGE et al. 201919)

Schlussfolgerung aus dieser Datenlage:

Das Risiko nosokomialer Patientenbesiedlungen und nachfolgender Infektionen durch bakterielle Erreger wurde in unterschiedlichen klinischen Risikobereichen durch die Desinfektion von Geruchsverschlüssen zwischen 50 % 5, 7, 10, 16, 85% 18,19 und 100% 17 reduziert.

Die Desinfektion von Geruchsverschlüssen hat somit einen unerwartet stark reduzierenden Einfluss auf die Übertragung von bakteriellen Krankheitserregern.

Es wird daher dringend vorgeschlagen, vor der Wiedereröffnung der Gemeinschaftseinrichtungen eine Sanitärdesinfektion wie nachfolgend beschrieben durchzuführen. Diese betrifft die Ablaufsysteme (Geruchs-verschlüsse) und geht über die übliche Praxis der Flächendesinfektion hinaus. Sie beseitigt die Gefahr der Übertragung von Coronaviren, die in der Flüssigkeit von Geruchsverschlüssen mehrere Wochen überleben können.

Hinweise für stillgelegte öffentliche Einrichtungen

Unter öffentlichen Einrichtungen werden vor allem verstanden: Schulen, Kitas, Hotels, Restaurants, Museen, Bibliotheken u.a.

Geruchsverschlüsse (Siphons) unter Waschbecken, Duschtassen, in Toiletten-becken und in Bodenabläufen stellen den notwendigen Verschluss des Ab-wassersystems gegen die Raumluft des Gebäudes dar.

Damit wird verhindert, dass zum einen der Geruch und vor allem Krankheits-erreger aller Art (also auch Viren), die vorher ins Abwassersystem gelangt sind, zurück in die Raumluft gelangen und zu einer Gefahr für die Menschen sich in diesen Räumen aufhalten und die diese Sanitäranlagen benutzen.

Geruchsverschlüsse können diese wichtige Funktion nur erfüllen, wenn in ihnen genügend Sperrflüssigkeit (Wasser) vorhanden ist. Wenn die Sperr-flüssigkeit bei längerem Nichtgebrauch der Sanitärkomponente verdunstet, gelangt die gefährliche, keimhaltige Luft aus der Kanalisation in den Raum.

Dieser Vorgang war ein wichtiger Übertragungsweg von SARS-CoV-1 in der Epidemie im Jahre 2003 in Hongkong. In einem Gebäudeteil (Block E) der Wohnanlage Amoy Gardens enthielten einige Fußbodenabläufe nicht genügend Sperrflüssigkeit, so dass sich SARS-CoV-1 in diesem Gebäudeteil extrem schnell ausbreiten konnte 21.

Deshalb ist es während der Zeit der Nichtbenutzung der o.g. öffentlichen Einrichtungen (insbesondere Schulen oder der KITAs) notwendig, wöchentlich Wasser in sämtlichen Geruchsverschlüssen nachzufüllen und damit eine teilweise oder vollständige Austrocknung zu verhindern.

Bleiben Geruchsverschlüsse unbeachtet und trocknen aus, ist das in der Regel an dem typisch muffigen Geruch nach faulen Eiern zu erkennen. In diesem Fall müssen die Geruchsverschlüsse aufgefüllt und der entsprechende Raum mehrere Stunden gut gelüftet (Durchzug) werden.

Durchführung der Desinfektion

 Chemikalien

Natriumhypochlorit (Chlorbleichlauge, NaOCl, engl. bleach)

Chlorbleichlauge ist ein stark viruzid Desinfektionsmittel.

Die haushalts- und einzelhandelsübliche Konzentration von 2,8 % (ca. 1,2 €/Liter) erfordert in der Handhabung keine Spezialkenntnisse. Die Großgebinde-Variante mit 13,5 % Wirkstoff ist preiswerter (ab ca. 0,5 €/Liter), erfordert jedoch in der Handhabung Spezialkenntnisse in Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Zu behandelnde Sanitärkomponenten

Alle Geruchsverschlüsse in Abläufen von:

>  Waschbecken
>  Spülbecken
>  Toilettenbecken
>  Duschabläufen
>  Bodenabläufen
>  Badewannen

Durchführung

Die Desinfektion wird mindesten zweimal durchgeführt. Es ist zu empfehlen, die Erstbehandlung sobald als möglich nach Schließung der Einrichtung durchzuführen. Die Zweitbehandlung erfolgt möglichst zwei Tage vor Wiedereröffnung der Einrichtung.

Erste Desinfektion (Erstbehandlung)

In die Abläufe der jeweiligen Sanitärkomponente werden bei der ersten Desinfektion (Erstbehandlung) folgende Mengen Chlorbleichlauge gegeben.

Erstbehandlung

KomponenteChemikalie
NaOCl 2.80%
Waschbecken100 ml
Spülbecken100 ml
Toilettenbecken300 ml
Duschabläufe100 ml
Bodenabläufe150 ml
Badewannen100 ml

Die jeweils benötige Menge an Desinfektionsmittel wird mittels eines Messbechers in den Ablauf der betreffenden Sanitärkomponente langsam eingefüllt.

Die Einwirkzeit : 15 Minuten

Nach Beendigung der Einwirkzeit wird jeweils 1 Minute mit kaltem oder lauwarmem Leitungswasser bei halb geöffnetem Wasserhahn nachgespült.

Die Spülung von Bodenabläufen erfolgt mittels einer Kanne mit 5 Litern kalten oder lauwarmen Leitungswassers. Pro Bodenablauf werden 5 Liter Wasser zum Spülen verwendet.

Zweite Desinfektion (Abschlussbehandlung)

In die Abläufe der jeweiligen Sanitärkomponente werden bei der zweiten Desinfektion (Abschlussbehandlung folgende Mengen Chlorbleichlauge gegeben.

Abschlussbehandlung

KomponenteChemikalie
NaOCl 2.80%
Waschbecken75 ml
Spülbecken75 ml
Toilettenbecken200 ml
Duschabläufe75 ml
Bodenabläufe100 ml
Badewannen100 ml

Wie bei der Erstbehandlung wird auch hier die jeweils benötige Menge an Desinfektionsmittel mittels eines Messbechers in den Ablauf der betreffenden Sanitärkomponente langsam eingefüllt.

Die Einwirkzeit: 15 Minuten

Nach Beendigung der Einwirkzeit wird jeweils 2 Minuten mit kaltem oder lauwarmem Leitungswasser bei halb geöffnetem Wasserhahn nachgespült.

Die Spülung von Bodenabläufen erfolgt mittels einer Kanne mit 5 Litern kalten oder lauwarmen Leitungswassers. Pro Bodenablauf werden 5 Liter Wasser zum Spülen verwendet.

Arbeits- und Gesundheitsschutz

Bei der Verwendung von Natriumhypochlorit-Lösungen in der Konzentration 2,8% sind die Sicherheits- und Arbeitsschutzhinweise für das Produkt „Natriumhypochlorid 2,8%“ (z.B. „Danklorix“) zu beachten.

Bei der Verwendung von Natriumhypochlorit-Lösungen in der Konzentration 13,5% sind diese vor Verwendung auf die Konzentration 1:5 (4 Teile Wasser plus 1 Teil 13,5% ige Natriumhypochlorit-Lösung) zu verdünnen.

Dabei werden 4 Teile Wasser vorgelegt und 1 Teil 13,5% ige Natriumhypo-chlorit-Lösung langsam unter ständigem Rühren zugegeben.

Beim Verdünnen  sind die Sicherheits- und Arbeitsschutzhinweise für das Produkt „Natriumhypochlorid 13,5%“ einzuhalten.

Detaillierte Informationen zu Sicherheitsdatenblättern und Arbeitsschutz-anweisungen können bei Bedarf beim Autor abgefragt werden.

Ebenso steht eine bebilderte Arbeitsanleitung in einfacher englischer Sprache zur Verfügung.

Beratungsangebot

Für weitergehende Informationen und Beratungen zur Anwendung der vorgeschlagenen Methode steht der Autor jederzeit zur Verfügung.

Dr.rer.nat. Alexander Schluttig
BIOREC Dr. SCHLUTTIG
Entwicklungslabor Klinische Sanitärhygiene
Nordstraße 18
02991 Lauta

Tel. +49 173 611 77 49
a.schluttig@biorec.de

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